Blutsbande 2003 by Birgit Dieker Blutsbande 2003 by Birgit Dieker Blutsbande 2003 by Birgit Dieker Blutsbande 2003 by Birgit Dieker Blutsbande 2003 by Birgit Dieker Blutsbande 2003 by Birgit Dieker

Blutsbande

2003

Märkisches MuseumBerlin, 2003

Fotos: Jürgen Baumann

 

 

Blutsbande

 

Preis der Ilse-Augustin-Stiftung zur Förderung bildender Künstler 2002

Die Ausstellung Blutsbande im so genannten Waffensaal des Märkischen Museums umfasst vier Objekte, die sich alle um den menschlichen Körper im Spannungsfeld zwischen biologischer Bestimmung und gesellschaftlicher Prägung bewegen. Berührt werden medizinische und psychologische wie auch anthropologische und kulturwissenschaftliche Aspekte. 

Der  Anzug Nervensache kann als ironischer Kommentar auf die ausgestellten Rüstungen und Bildnisse stolzer Ritter gesehen werden. Auf dem schwarzen Nadelstreifenanzug zeichnen Gold schimmernde Kordeln das menschliche Nervensystem nach. Das strenge, gradlinige Stoffmuster konkurriert nun mit dem flirrenden Lineament der bloßgelegten Nervenbahnen. Steuer- und führungslos (schließlich fehlt ja der Kopf mit dem Gehirn als wichtige Schaltzentrale) durchbrechen sie die Hülle und schlängeln sich drunter und drüber.
Das Thema ist die Rolle von Repräsentation, Kontrolle bzw. ihr Verlust, Ratio und Emotio. 

In den Anatomiearbeiten Birgit Diekers geht der Blick durch die Körperoberfläche in sein Inneres. Eingeweide werden zu Metaphern für das Seelenleben. Seit jeher gilt das Herz in der europäischen Kulturgeschichte als Sitz der Seele. Das Wilde Herz ist von einem struppigen Pelz umhüllt, der es grotesk und archaisch erscheinen lässt und gleichzeitig schützt. Im Geviert der Säulen befindet sich der Innere Schweinehund. Die Plastik zeigt die menschlichen Organe um ein Vielfaches vergrößert, ebenfalls bezogen mit einem Filz aus Menschenhaar und Schafwolle, auf dem Boden liegend wie ein schlafendes Tier. 

Blaue und rote Kordeln symbolisieren das Blutgefäßsystem der Matratze La petite mort, als hätte sie ein Eigenleben, als sei sie ein gut durchblutetes Organ. Das Bett, die Matratze ist ein Ort der Intimität, des Schlafes, des Traumes, der Liebe, der Geburt und des Todes. Mindestens 30% unseres Lebens verbringen wir im Bett. Die Matratze ist dem Körper ganz nah, paßt sich ihm an und wird ihm mit der Zeit immer ähnlicher. Hier wird sie zu einer anatomischen Besonderheit, deren Empfindlichkeit und Blöße durch die sie umgebenden Waffen der alten Haudegen noch erhöht wird.