One for Sorrow, Two for Joy 2022 by Birgit Dieker One for Sorrow, Two for Joy 2022 by Birgit Dieker One for Sorrow, Two for Joy 2022 by Birgit Dieker One for Sorrow, Two for Joy 2022 by Birgit Dieker One for Sorrow, Two for Joy 2022 by Birgit Dieker One for Sorrow, Two for Joy 2022 by Birgit Dieker

One for Sorrow, Two for Joy

2022

Künstlerhaus Bethanien, Berlin

Fotos: Peter Rosemann

 

Das Verhältnis zwischen Selbst als Haut und Selbst als in der Haut ist für Birgit Diekers künstlerisches Denken von besonderer Bedeutung. Sie hat Haut nicht nur als Außenfläche des Körpers im Blick, sondern vielmehr als Grenze zwischen Innen und Außen, Privatem und Öffentlichem, zwischen dem Ich und der Welt. Die Haut ist für sie eine Begegnungsfläche für Intimität und Nähe.

Krisen wie die gegenwärtige Corona-Pandemie, aber auch andere Probleme unserer Leistungs- und Konsumgesellschaft fordern einerseits starke Persönlichkeiten und befördern andererseits Unsicherheiten und Ängste, Sehnsüchte und Obsessionen, Träume und Traumata. Die sich daraus ergebenden Themen grundieren Diekers künstlerische Arbeit. Ihr geht es um Fragen nach Identität, nach der integralen Zusammengehörigkeit von Körper und Persönlichkeit, nach der Komposition, die wir unser „Ich“ nennen.

Die Künstlerin konzipiert Bildfindungen, die den Metamorphosen des Körpers von einer äußeren Form zu einem inneren Zustand des Seins (und umgekehrt) auf der Spur sind.

Eine Form zu bilden und eine Form zu verlieren, sind hier nicht nur künstlerische Methoden, sondern korrespondieren mit körperlichen Erfahrungswerten.

Über die sensible Wahrnehmung unterschiedlicher Materialreize versucht Birgit Dieker einen Zugang zu einem von Assoziationen geprägten Beziehungsgeflecht zu schaffen. Das Material konditioniert nicht nur ihre Skulpturen, sondern steht auch für sich selbst und übernimmt inhaltliche Aufgaben. Neben Textilien, Leder, Gummi, Haar, Lkw-Plane oder Bitumen können es auch Realien aus der Alltagswelt sein, wie ein Klempnerrohr, Geweihe, Motorradanzüge, Bojen, Rettungsringe, Tauwerk oder Schaufensterpuppen.

Kleidung spielt dabei eine eigene Rolle. Als Inbegriff für die zweite Haut, als Grenzmetapher, aber auch als Synonym für das Selbst ist sie für Dieker ein signifikanter Werkstoff. Körper und Kleid stehen in einem sehr engen Verhältnis zueinander, so dass man diese Dualität auch in ihrer wechselseitigen Stellvertreter-Verbindung betrachten kann. Kleidung dient als Schutz wie auch zur Inszenierung des Selbst. Abgelegte Kleidung enthält Merkmale ihrer Träger*innen, sie ist verknüpft mit einer oder mehreren Identitäten, mit gelebten Erfahrungen und Erinnerungen – eben das ideale Material für die vielfältigen Schichten des Selbst.

Birgit Dieker (*1969 in Gescher, lebt in Berlin) studierte Germanistik an der Technischen Universität Berlin und Kunsterziehung an der Hochschule der Künste Berlin (heute UdK). Ihr Studium der Bildhauerei schloss sie als Meisterschülerin bei Michael Schoenholtz ab. Die mit mehreren Preisen und Stipendien ausgezeichnete Künstlerin präsentierte ihr Werk in nationalen und internationalen Einzel- und Gruppenausstellungen. 2022 ist sie beteiligt an der Ausstellung Das Gehirn. In Kunst und Wissenschaft in der Bundeskunsthalle Bonn. Für 2023 plant sie eine Einzelausstellung mit dem Titel Housewarming für das Mönchehaus Museum Goslar.

https://www.bethanien.de/exhibitions/birgit-dieker/